Frage 1: Wie bist du zum Laufen gekommen?
Klassiker, ich wollte abnehmen! Eine Freundin und ich hatten uns verabredet und legten los. Das erste mal schafften wir es gerade mal die Straße runter bis zum Flußufer. Ziemlich bald hatte meine Freundin keine Lust mehr, ich machte aber weiter. Mit der Zeit wurden die Meter mehr, die Kilos weniger und ich begann mich immer mehr mit Laufen/Trainingseinheiten etc zu beschäftigen. Richtige Laufschuhe wurden gekauft, eine Pulsuhr und anständige Klamotten – ich wurde eine richtige Sportskanone. Wenn ich im Urlaub war oder auf Geschäftsreise, hatte ich immer meine Schuhe dabei und mein Umfeld joggend erkundet.
Mit den Jahren und durch einen Umzug wurde es dann erstmal weniger bzw anders. Ich musste mich in der neuen Stadt orientieren und neue Strecken finden. Irgendwann mal kamen dann auch andere Sportarten dazu und das Laufen schlief immer mehr ein.
Seit neuestem ist Laufen wieder ein Thema und ich habe mit Anfang letzten Jahres neue Laufschuhe gekauft. Nun versuche ich wieder an den alten Trainingserfolgen von vor 15 Jahren anzuknüpfen und muss feststellen: so einfach ist das nicht. Mein Leben und ich haben sich verändert und das spielt eine große Rolle bei so einer aktiven Sportart. Nicht immer lässt sich das Laufen so integrieren wie ich das gerne wollte. Und nicht immer habe ich die Kraft und die Lust dazu abends noch in die Schuhe zu schlüpfen und los zu laufen. Ich versuche es nicht mehr so verbissen zu sehen, sondern mehr den Spaßfaktor daran zu entdecken und los zu laufen wenn ich wirklich Lust darauf habe und das Gefühl habe, das könnte mir jetzt wirklich gut tun und nicht: ich MUSS das jetzt machen. Allein mit dieser Einstellung lerne ich gerade wieder viel über mich und das Laufen dazu.
Frage 2: Welche Strecken oder wie lange läufst du so und warum läufst du?
Zu meiner heißen Trainingsphase damals war es min. 3-4 mal die Woche zwischen 4 – 10 Kilometer. Ich hatte aber immer eher die Zeit im Auge als die Kilometer. Heute bin ich stolz wenn ich mal an einem guten Tag mit ach und krach 7 Kilometer hinbekomme.
Früher bin ich nur draussen gelaufen und war zu jeder Wetterlage am Start. Seit neuestem bin ich nur auf dem Laufband (was ich früher total albern fand!) und lerne gerade die Vorzüge davon kennen. Das ist nochmal ein völlig anderes Lauferlebnis. Du bist noch mehr auf dich reduziert da du die ganze Zeit auf ein und der gleichen Stelle unterwegs bist. Da ist dieser eine Punkt an der Fensterscheib oder an der Hauswand gegenüber den ich die ganze Zeit im Blick habe und es erscheint mir geradezu meditativ wenn ich dann da so vor mich hinstarre und Laufe… es gibt dann nichts anderes mehr als meine Beine die sich immer fort bewegen und mein Atem… nach einer Stunde bin ich dann total leer und gleichzeitig total voll mit neuer Energie..
Frage 3: Gibt es einen Lauftag, der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist, und wenn ja warum?
Es war vor vielen Jahren auf dem Rückweg…. ein geschlossener Plastikriemen lag auf dem Boden und ich hatte ihn nicht bemerkt (die Dinger die zB um Zeitungsstapel drumgeschweisst sind). Mit dem einen Fuß bin ich reingelaufen, mit dem anderen in der Schlaufe in der Luft hängen geblieben. Es gab einen großen Rumms und ich bin direkt auf das Gesicht geknallt.
Ich rappelte mich schnell wieder auf und bin dann zu Fuß weiter. Die Leute auf der Straße schauten mich alle etwas seltsam an, bis ich realisiert hatte, das mir Blut über das Auge lief. Irgendwas scheint da wohl nicht in Ordnung zu sein mit mir, dachte ich. Ganz pflichtbewusst rief ich erstmal eine Freundin an und sagte ihr die Verabredung für den Abend ab um dann eine andere Freundin anzurufen, ob sie mich vielleicht abholen und in die Klinik bringen könnte? Ich weiß noch genau, das ich zuhause unbedingt das Oberteil wechseln wollte, weil ich mich ja in dem naßen Laufshirt beim Warten in der Klinik erkälten könnte – und das ich auf jeden Fall meine Versicherungskarte dabei haben muss!
Als meine Freundin mit dem Auto vorfuhr schrie sie kurz auf als sie mich sah. So ganz konnte ich das nicht nachvollziehen und schaute da das erste mal in den Rückspiegel. Das Gesicht das mir da entgegen schaute war etwas befremdlich: Grün und blau mit Blutkruste und einer offenen Augenbraue. In der Klinik ging dann alles sehr schnell. Kaum lag ich auf der Liege gab alles nach und als der Arzt mich dann auch noch nach meinem Namen gefragt hatte wars vorbei, da wusste ich dann gar nicht mehr. Ende vom Lied, drei Tage Klinik mit genähter Augenbraue und Schädeltrauma.
Seit habe ich einen Knall und sammle selbst heute noch diese Plastikriemen auf und entsorge sie – egal wann und wo ich unterwegs bin auf dieser Welt. Die Dinger sind echt gefährlich!
Frage 4: Vielfach wird berichtet, dass beim Laufen Glückshormone aus-
gestoßen werden. Hast du derartiges erlebt, wenn ja kannst du es beschreiben?
Für mich ist es allein schon das pure Glück das mein Körper so gesund ist und ich mich so bewegen kann wie ich mich bewege. Das ich in der Lage bin Laufen zu können, wann, wie und wohin ich will, ist ein großes Geschenk. Das versuche ich mir immer wieder bewusst zu machen. Dieses Glück hat nicht jeder.
Und ja, es gibt es sowas wie Glückshormone… wenn ich den zähen Teil überwunden habe, dann kommt plötzlich so ein Schub und es fühlt sich ein bisschen an wie Fliegen. Etwas trägt dich und mit einem Mal erscheint alles ganz leicht und du setzt wie in Trance einfach weiter einen Fuß vor den anderen. Da ist so eine berauschende Leichtigkeit die sich wunderbar anfühlt….bis dann der fiese Teil einsetzt, wenn du noch ein bisschen bis zum Ende durchhalten musst.. und am Ende, ist da dann aber auch wieder Glück oder vielleicht auch ein bisschen Stolz, wenn du realisierst, was du heute wieder geschafft hast…
Frage 5: Wenn Du so läufst, was geht dir so im Kopf herum?
Wie fühlst du dich beim laufen?
Laufen hat mir schon immer geholfen meine Gedanken zu sortieren. Du bewegst dich in einem fort, alles im Kopf kommt und geht und du kannst dich von alle dem mit deinem Laufen befreien. Es ist eine Art des Davonlaufen, gleichzeitig ein Vorwärtskommen und Ankommen. Monoton einen Fuß vor den anderen zu setzen hat etwas beruhigendes und ich kann für einen Moment Abstand nehmen zu mir und dem Chaos in meinem Kopf.
Da ziehen Gespräche vorbei, Situationen und Menschen, Idee springen mich mit einem Mal an oder entwickeln sich, Probleme bekommen einen neuen Aspekt oder ich kann eine neue Perspektive dazu einnehmen… und machmal lenken die Gedanken vom Laufen ab und manchmal das Laufen von den Gedanken… ein hilfreicher Nebeneffekt je nach dem was gerade ungemütlicher und zäher ist…
Frage 6: Gibt es ein Erlebnis oder Ereignis, das Dich noch heute beschäftigt,
oder wie man auch sagt: Du nie vergessen wirst.
Mir ist früher auf meiner Stammrunde immer ein recht fittes Jogger-Pärchen (Mann/Frau) begegnet das mit einerm Seil verbunden war… er war blind! Jeder hatte das Ende von einem kurzen Seil in der Hand. Sie hatte die Richtung angegeben, er ist eine Handbreit hinter ihrer Schulter im gleichen flotten Tempo hinterher.
Frage 7: Gibt es so etwas wie ein Resümee oder Fazit, das Du ganz persönlich aus dem Laufen ziehst oder gezogen hast?
Mein persönliches Fazit: Sei nicht so streng mit dir und manchmal ist weniger mehr. Verlieren nicht den Spaß am Laufen – und auch an allem anderen was du tust – denn nur dann macht es wirklich Sinn. Und du kannst noch soviel Rennen, irgendwann mal kommst du doch wieder an den Anfang zurück … so eine Joggingstrecke oder ein Lauftraining mit all seinen Höhen und Tiefen lässt sich manchmal sehr gut auch auf anderen Dinge im Leben übertragen…. und vorallem: pass auf die verdammten Plastikriemen auf, sonst haut es dich (wieder) auf die Nase!
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